Am Anfang war der Männerchor...
Im Gründungsjahr des Männerchores 1861 war Freizeit noch ein Fremdwort, Singen im Verein oder sich in der Gemeinschaft sportlich zu betätigen war etwas ganz Neues. Nach und nach jedoch erfreuten sich das Turnen und das Singen mit Gleichgesinnten, allerdings von der Obrigkeit argwöhnisch beäugt, immer größerer Beliebtheit.
Jedoch, alle Versuche schon 1846 eine Liedertafel mit Namen „FLORA“
– einem Verein mit freiheitlich liberalem Gedankengut –
„im Gesang Genuss und Erbauung zu suchen, Geselligkeit zu fördern und so viel es angeht bildend zu wirken, sowie schließlich einen gemütlichen und freundschaftlichen Verkehr unter ihren Mitgliedern herbeizuführen“
zu gründen, scheiterten an zu befürchtenden Repressalien. Die damaligen Gründungsväter gaben Ihr Vorhaben wieder auf.
Erst 1861 wagten 35 Männern (singende Frauen waren zu der Zeit in der Öffentlichkeit nicht präsent, Männer blieben unter sich) dennoch einen Neustart und unterschrieben die Erstausgabe unserer Vereinsstatuten. Nun war der Verein Liedertafel geboren!
Gründer und 1. Dirigent der FLORA Johann Fölsch von 1861-1907
Johann Fölsch, Vereinswirt und gleichzeitiger Betreiber der Fährstelle an der Elbe (Zollenspieker) war der erste Dirigent der „Liedertafel FLORA Zollenspieker“.
Bis zum Jahre 1907 gelang es Johann Fölsch mit seinen Sängern, ein anspruchsvolleres Repertoire als gerade allgemein üblich einzustudieren.
Schon anlässlich ihres 1. Stiftungsfestes im Februar 1862 war der junge Chor in der Lage, zehn Lieder zu singen. Am Sonntag, den 14. Januar 1873, gab die Liedertafel ihr erstes Konzert. Auf dem Programm standen „zwölf Lieder zum Vortrag an“; hier taucht zum ersten Mal im Repertoire der „Donauwalzer“ von Johann Strauß auf, den der Männerchor Flora heute noch singt.
Aus dieser Zeit stammt das noch erhaltene Programm von 1863 mit den Liedtexten der Neugründung Flora Männerchor und auch das Programm vom 26. Stiftungsfest von 1887. Beide Bilder sind rechts abgedruckt.
Aus den Stiftungsfesten wurde später und bis heute der alljährlich stattfindende Floraball, lange Zeit ein gesellschaftlicher Höhepunkt in den Vier- und Marschlanden. Man ging dort hin!
Hermann Baumann Chorleiter von 1907-1958
Nach dem Tod von Johann Fölsch, 1907, übernahm Hermann Baumann, Hauptlehrer auf dem Krauel und Organist in Kirchwerder, den Dirigentenstab. Der Chor erfreute sich größter Beliebtheit bei Sängerfesten und Wettstreiten allerorten.
Im Jahre 1928, auf der Heimreise eines solchen Festes in Wien, begegnete man Sängern aus Klingenberg am Main. Die daraus entstandene und bis heute währende Freundschaft überdauerte manch schwere Zeit. Später ergaben sich weitere Chorfreundschaften.
Nach dem Krieg musste die FLORA sich neu erfinden. Trotz allgemeiner Not wollte man wieder singen! Dafür war es nötig eine Freigabe des Chorwesens bei der Britischen Besatzung einzuholen. Nach der Lockerung des Versammlungsverbots ab 1. Januar 1945 gab es am 3. Januar ein erstes privates Chortreffen im Hause der Baumanns. Vereinsleben durfte in kleinen Bereichen wieder stattfinden. Die drei Chöre Flora, Cantus und Concordia taten sich , auch aus Mangel an Männerstimmen, zusammen und umrahmten gemeinsam ein erstes Fest am 5. Mai 1946: Ein Gesangs-, Turn-, und Tanzabend zugunsten der Deutschen Hilfsgemeinschaft.
Vater Baumann verstand es, dank seiner Persönlichkeit, das zwangsläufig zerrüttete Chorsingen für einen Neuanfang zu koordinieren und den Männerchor Zuversicht und Vertrauen zurückzugeben. In einer Zeit, in der das Alltagsleben von Hunger und Entbehrungen geprägt war.
Über 50 Jahre bis zu seinem Tode im Jahre 1959 leitete „Vater Baumann“, die Liedertafel. Richard Reinert, Lehrer in Warwisch, überbrückte die kurze Zeit, bis Baumanns Enkel Cord in die Fußstapfen seines Großvaters trat.
Uwe Kraemer, Chorleiter 1963-1988
Bis zum Jahre 1988 sollte nun ein temperamentvoller Lehrer des Hansa-Gymnasiums, Uwe Kraemer, die Sänger durch die Vielfalt der Chormusik führen. Viele junge Mitglieder konnten durch sein unermüdliches Engagement für das Singen im Chor gewonnen werden. Es folgten viele anspruchsvolle Konzerte, auch mit den Chören von Helmut Wormsbächer. Und die ambitionierten Sänger avancierten durch Uwe Kraemer zum besten Männerchor Hamburgs.
Dr. Cord Baumann leitete den Männerchor von 1961-1963 und 1974-1992, Hansjörg Possler den Gemischten Chor von 1988-2000, ab 1992-2000 auch den Männerchor
Dr. Cord Baumann, der den Chor erst einmal bis 1963 (während seines Studiums) leitete, organisierte die musikalischen Vorbereitungen für das 100 jährige Jubiläum der Liedertafel im Jahre 1961. Der Liedertafel Flora wurde zu diesem Anlass die Zelterplakette überreicht, die der damalige Bundespräsident Lübke den Sängern aus Zollenspieker verlieh. Senator Biermann-Rathjen vollzog diesen Festakt.
Mit den Klingenberger Chorfreunden wurde die Idee geboren, gemeinsam mit ihren Frauen zu singen. 1975 entstand endlich der gemischte Chor der Liedertafel und ihr erster Dirigent Dr. Cord Baumann widmete sich überaus erfolgreich der musikalischen Entwicklung der Sängerinnen und Sänger. Unvergessen bleiben dabei die vielen schönen gemeinsamen Reisen nach Essen, Seßlach bei Coburg, Paris und immer wieder nach Klingenberg am Main.
Nach dem Ausscheiden von Cord Baumann 1992, übernahm Hans-Jörg Possler, der bereits seit 1988 den Männerchor leitete, nun auch die Leitung vom Gemischten Chor Flora. Ein Neuanfang, aber von Beginn an verstand dieser überaus kompetente und versierte Musiker mit seinem musikalischen Verstand und seinem speziellen Humor beide Chöre zu begeistern.
Gerne erinnern wir uns an tolle Konzerte wie Carl Orffs Carmina burana oder die Darbietung der beschwingten Liebeslieder - Walzer von Joh. Brahms – endlich konnte der FLORA-Ball wieder im Zollenspieker Fährhaus veranstaltet werden.
Es folgte die Gründung von Flora-Light 1995. Durch diese tolle Idee von Hans-Jörg Possler verjüngte sich mit dem Repertoire von Gospel und Popmusik, anknüpfend an die legendäre Vokalgruppe des Vereins „Die Kaktüsse“ mit den Gassenhauern der Comedian Harmonists, auch die Sängerinnen und Sänger der Flora im wahrsten Sinne des Wortes.
Gisela Nielsen Chorleiterin der „Flora Kinder“ 1996-1998
1996 wurde noch ein Flora-Kind aus der Taufe gehoben: Endlich gibt es einen Chor für die Jüngsten im Landgebiet. Bis 1998 leitete Gisela Nielsen den neuen Chor die „Flora Kinder“. Gerne denkt jeder der dabei war an die „Vogelhochzeit“ im Zollenspieker Fährhaus zurück.
Nach Hans-Jörg Posslers Abschied, ab 2000 wegen anderer Aufgaben, übernahm ganz schnell der Mitsänger aus dem Tenor Tobias von der Heide die Leitung vom Männerchor. Danach waren auch Andreas Grieß und Stephan Berndt als Interimsleiter tätig.
Nachdem Erich Schott 1987 den langjährigen Vorsitzenden Günther Barlage im Vorstand der Liedertafel ablöste, konnte er bald mit einem neuen Chorleiter – Kandidaten aufwarten.
Carsten Balster Chorleiter Männerchor, Gemischter Chor, Flora Light seit 2000
Carsten Balster kam 2001 mit seiner Frau Angelika nach Hamburg und der aus Essen stammende Lehrer für Geschichte und Musik übernahm die Leitung der drei Erwachsenenchöre der Flora.
Mit Frische und großem Elan begeisterte Carsten Balster sofort und spätestens nach einer gemeinsamen Klingenberg Reise war allen klar: Carsten Balster soll es sein!
Bei vielen erfolgreichen Auftritten und Konzerten in den Kirchen von Kirchwerder, Ochsenwerder und Bergedorf, ob bei Chorwettbewerben oder bei Reisen zu befreundeten Chören nach Klingenberg, Paris, Berlin und Essen (Chorfreundschaft in Essen-Kupferdreh, den Chor den Carsten Balster in Essen leitete.) stellen die Flora-Chöre ihr dank Carsten Balster wieder gewonnenes Können mit großem Selbstvertrauen nachhaltig unter Beweis.
Der Männerchor Flora bildete ab 2002 eine Chorgemeinschaft mit den Sängern der Liedertafel Edelweiß Howe. Gemeinsam singen sie unter der Leitung von Carsten Balster.
Seit der Gründung vom Männerchor bis heute wird in jedem Jahr die „Herrentour“ organisiert, immer noch zur Freude aller beteiligten Männer. Aber auch die „Damentour“ der Frauen sei hier erwähnt. Jährlich gibt es einen organisierten Ausflug mit einem zünftigen Picknick oder einer Einkehr, meist mit dem Fahrrad, zu einem kulturellen Ziel in näherer oder weiterer Umgebung von Zollenspieker.
Angelika Balster Chorleiterin der „Florini“ ab 2005
Angelika Balster konnte für die Wiederbelebung vom Flora-Kinderchor gewonnen werden. Welche Freude - 2005 wurde der „Flora Kinder- und Jugendchor“ der Liedertafel offiziell angegliedert. Ein passenderer Name war schnell gefunden: Die kleinen Flora-Flöhe heißen nun „Florini“ und seitdem gibt es die vier Flora-Chöre.
Beim 1. Bergedorfer Chorfestival 2007 wurden die Männer der Flora der beste Männerchor mit „Fuchs und Igel“ (H.F. Michelsen).
2011 feierten die Flora-Chöre mit einem 3-tägigen Festprogramm, einer musikalischen Revue und einem großen Sängerfest mit den Chorfreunden aus Klingenberg und Essen-Kupferdreh 150 Jahre Flora Liedertafel. Die Choreographie, die Texte zu bekannten Melodien und die Kostüme gestaltete Gisela Wirsching. Die Gesamtleitung hatte wieder einmal Carsten Balster und durch den Abend führte als Erzähler Peter Pien.
Der Gemischte Chor Flora bekam im Juni 2017 auch einen Namen. Er heißt nun Flora Klassik.
Die mittlerweile 156-jährige Vereinsgeschichte der Liedertafel „FLORA“ war einem Auf und Ab von bitterer Not und grandiosem Erfolg ausgesetzt. Notzeiten formten die Flora und gaben ihr Zusammenhalt; Glanzzeiten sorgten für Kraft und ließen sie mit Zuversicht in die Zukunft blicken.
Wir sind deshalb nicht müde, der Musik zu dienen. Dem Chorgesang zur Ehre und uns zur Freude!
Im September 2017